
knowledge
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U N G
Wenn das Konzept der FVA so viele Vor-
teile bringt, warum ist sie die einzige For-
schungsvereinigung dieser Art weltweit?
Es gibt auch in anderen Ländern Innovationsplattformen,
doch niemand hat es bisher
geschafft, eine solch stabile Vertrauensbasis
für die Gemeinschaftsforschung zu etablieren.
Ein weiterer Vorteil ist,
dass in Deutschland fast die
gesamten Prozessketten der
Industrie ansässig sind. Das
bedeutet, wir können — von
der Forschung über die Ent-
wicklung und Fertigung bis
zur Qualitätssicherung —
mit Innovationen und Nor-
mierung direkt ansetzen
und die Qualität über den
ganzen Produkt-Entstehungsprozess
hinweg steuern.
»Made in Germany« ist
nicht ohne Grund zu einem
Qualitätssiegel geworden,
denn der Wissensvorsprung,
den Deutschland
durch die enge Verzahnung
von Forschung und Industrie
hat, können andere Länder
so schnell nicht einholen.
Unsere Aufgabe ist es, genau
diesen Vorsprung zu halten
und weiter auszubauen.
Konnte das Problem gelöst werden?
Beim Micro-Pitting spielen die Rauheit der
Oberfläche und die Beschaffenheit des
Schmiermittels eine entscheidende Rolle.
Wir konnten eine Berechnungsgrundlage
entwickeln, die es ermöglicht,
das Schmieröl mit den
richtigen Additiven auszuwählen.
Inzwischen ist ein
international
anerkannter
Normentwurf
entstanden,
der auch von den USA
anerkannt und angewendet
wird.
Eine Norm ist jedem
zugänglich. Welchen
Vorteil ziehen dann die
FVA-Mitglieder noch
daraus?
Da die FVA-Mitglieder von
Anfang an die Projekte aktiv
mitgestalten und Zugriff auf
den aktuellen Forschungsstand
haben, spiegelt sich
dieses Wissen auch bei der
Umsetzung von Normen
wider. Der Vorsprung ensteht
dabei schon im Vorfeld der
Norm aufgrund eines For-
schungs- und Technikvorsprungs
von gut zwei Jahren
gegenüber den Nicht-Mitgliedern.
Können Sie das anhand eines konkreten
Projektes beschreiben?
Ein gutes Beispiel sind unsere Forschungsprojekte
für die sogenannte Graufleckigkeit,
die auch Micro-Pitting genannt wird. In den
80er-Jahren trat erstmals das Phänomen auf,
dass einsatzgehärtete,
geschliffene Zahnradflanken
plötzlich stumpf und
grau wurden. Dadurch
gehen die Getriebe nicht
kaputt, aber sie werden immer
lauter. Unterschiedlichste
Firmen berichteten uns da-
von, wollten dies aber nur
unter vier Augen mit der
Forschungsstelle für Zahnräder
und Getriebebau (FZG)
besprechen. Also kamen wir
auf die Idee, Fotos von den
Schäden herumzuzeigen. Als
den Firmen klar wurde, dass
sie nicht die Einzigen mit
diesem Problem waren, ent-
schieden wir uns für eine
gemeinsame vorwettbewerb-
liche Forschung. Daraus
sind mehrere Forschungsprojekte
entstanden, unter
anderem auch das Projekt
»ISO Norm Micro-Pitting«.
Herr Prof. Dr. Höhn, bei der FVA betreiben
Unternehmen der deutschen Antriebstechnik
und des Maschinenbaus gemeinschaftliche
vorwettbewerbliche Forschung
und entwickeln seit 50 Jahren gemeinsam
Innovationen. Wie ist das möglich?
Das ist möglich, weil die FVA eine verlässliche
und stabile Vertrauensbasis für die
vorwettbewerbliche Forschung geschaffen
hat. Und das ist meines Wissens nach
weltweit einzigartig.
Wie generiert die FVA ihre Forschungsvorhaben?
Viele Projekte entstehen durch Phänomene,
die plötzlich im Produktionsprozess
der Firmen auftauchen und sich
nicht erklären lassen. Diese Probleme,
die die Unternehmen an die FVA weitergeben,
bilden oftmals den Anstoß für
die Forschungsprojekte — vor allem,
wenn andere Unternehmen ähnlich
gelagerte Schwierigkeiten haben. Die
vorwettbewerbliche Forschungsarbeit
in der FVA ermöglicht es dann, viel
schneller eine Lösung zu finden.
Trends bei
Industriegetrieben
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