Spontanschäden

FVA Eigenmittelprojekt 515 VI

Spontanschädigungsverhalten nasser Bremsen bei Tauchschmierung und Kupplungen in Differenzialen

Ausfälle von Lamellenkupplungen sind aufgrund der oftmals sicherheitsrelevanten Funktionen, die diese in Antriebssträngen übernehmen, auszuschließen. Neben den Langzeitschäden sind hier insbesondere die Spontanschäden von hoher Relevanz, da sie den Ausfall der Kupplung bzw. Bremse bereits durch eine einzige Schaltung bewirken können und sich somit nicht im Vorhinein ankündigen.

Im Rahmen des Forschungsvorhabens wurden die Erkenntnisse zu Einflussparametern auf die Spontanschädigung von nasslaufenden Lamellenkupplungen anwendungsorientiert erweitert. Hierfür wurden aktuelle praxisübliche Reibsysteme mit Papier-, Sinter- und Carbonreibbelag für die Betriebsarten Lastschaltung, Stationärschlupf und Instationärschlupf untersucht.

Um die Beanspruchungsgrenzen hinsichtlich Spontanschäden von Lamellenkupplungen zu untersuchen, werden auf dem Komponentenprüfstand ZF/FZG KLP-260 Stufenversuche durchgeführt. Für die Untersuchungen wird komplettes Lamellenpaket über entsprechende Mitnehmer eingebaut. Die Anpressung erfolgt auf die Außenlamellen, an denen auch das Reibmoment der Kupplung gemessen wird. Das Kupplungspaket wird zentral von innen mit Kühlöl versorgt (definierter Kühlölstrom; Öltemperatur ϑÖl thermostatgeregelt Heizung/Kühlung). Darüber hinaus ist eine Außenbeölung von oben bzw. eine Tauchschmierung möglich.

Der aktuelle Stand der Forschung hinsichtlich Spontanschäden wurde recherchiert. Die Entstehungsmechanismen sowie die Ausprägung von Spontanschäden an Lamellenkupplungen sind stark abhängig von der Reibpaarung. Die Ursache für Spontanschäden an Lamellenkupplungen mit Papierreibbelag wird in lokalen Temperaturüberhöhungen auf der Stahllamelle gesehen, weshalb derartige Schäden an den Stahllamellen als Hotspots bezeichnet werden. Bei nasslaufenden Lamellenkupplungen mit der Reibpaarung Stahl / Sinterbronze wird in der Literatur unter anderem von leichtem und starkem Sinterübertrag als Spontanschaden berichtet.

Mit den Sinterreibsystemen wurden Stufenversuche im Stationärschlupf durchgeführt, wobei Differenzdrehzahl und Pressung variiert wurden, um unterschiedliche Reibleistungsverhältnisse abzubilden. Es wurden zwei unterschiedliche Industriegetriebeöle (L-302 bzw. L-303) bei Öleinspritztemperaturen von 80°C und 120°C untersucht. Bei den Versuchen mit Schmierstoff L-302 kommt es trotz hoher Belastungen und einer gemessenen Temperatur von über 400°C in der Belaglamelle nicht zum Ausfall des Systems. Mit zunehmender Laststufe und damit zunehmender Reibleistung erhöht sich erwartungsgemäß die maximale gemessene Temperatur in Kupplungspaketmitte. Gleichzeit ist ein verstärkter Abfall der Reibungszahl über die Schaltungsdauer erkennbar. Bei den Versuchen mit Schmierstoff L-303 kommt es bei hohen Temperaturen zu einer Änderung des Reibungszahlverlaufs. Die Reibungszahl fällt zum Ende des Schlupfzyklus ab. Aufgrund von Verschweißen der einzelnen Lamellen kommt es zum Ausfall des Reibsystems.

Neben den Untersuchungen für die Betriebsart Stationärschlupf wurde im Rahmen des Forschungsvorhabens das Spontanschädigungsverhalten von Bremsen mit Tauchschmierung untersucht. Es wurden Schädigungs-Grenzkurven für organische und sintermetallische Reibsysteme erarbeitet. Die Ausfallursache der sintermetallischen Reibsysteme war für alle Versuche Sinterübertrag. Die Papierreibsysteme sind aufgrund von Hot Spots ausgefallen. Für beide Systeme liegt die mittlere Reibarbeit bei erster erkennbarer Schädigung sowie bei Ausfall für die Variante mit Innenbeölung höher als bei der Variante mit Tauchschmierung. Durch eine Tauchschmierung konnte die Tragfähigkeit hinsichtlich Spontanschädigung im Vergleich zur Innenbeölung nicht gesteigert werden.

Mit zwei Kupplungen mit Carbon- sowie Papierreibbelag wurden Versuche in der Betriebsart Instationärschlupf durchgeführt. Für beide Reibbeläge zeigte sich, dass die Ausfallursache ein Tellern der Stahllamellen ist. Topographiemessungen zeigen, dass sich die Belaglamelle nicht verformt. Für beide Systeme wurde, basieren auf den experimentellen Ergebnissen, eine Temperaturgrenze hinsichtlich Ausfalls der Reibsysteme vorgeschlagen. In Dauerschaltversuchen mit vorgeschädigten Lamellen zeigten sich Differenzen im Reibungsverhalten zwischen den beiden Reibbelägen. Für den Papierreibbelag waren die Unterschiede im Reibungsverhalten zwischen einem Referenzsystem und dem vorgeschädigten System marginal. Bei Einsatz des Carbonreibbelags gab es für diese Untersuchungen signifikante Unterschiede. Der Kennwert µtop ist bei dem vorgeschädigten System niedriger als bei dem Referenzsystem.

Zur Analyse der thermomechanischen Beanspruchungen wurde ein zwei- sowie dreidimensionales FE-Modell aufgebaut. Durch Koppelung von thermischer und mechanischer Simulation kann der Einfluss lokal unterschiedlicher thermischer Dehnungen und deren Auswirkung auf eine Selbstverstärkung einer initialen Pressungsungleichförmigkeit beurteilt werden. Nach einer Validierung des Simulationsmodells anhand von experimentellen Messungen wurden Einflussfaktoren auf das thermische Verhalten der Kupplung untersucht. In einer Parameterstudie wurde deutlich, dass die Parameter „Dicke der Stahllamelle“, „spez. Wärmekapazität Stahl“ und „Wärmeleitfähigkeit Reibbelag“ einen großen Effekt auf die maximale Temperatur der Stahllamelle haben.

In einer dreidimensionalen Simulation zeigt sich ein eindeutiger Temperaturgradient zwischen Innen- und Außendurchmesser. Darüber hinaus zeigt sich ein Einfluss der Verzahnungen auf das thermische Verhalten in Umfangsrichtung. Eine drehrichtungsabhängige Temperaturverteilung ist zu erkennen. Im Bereich der Verzahnungen sind niedrigere Temperaturen als zwischen den Verzahnungen zu sehen.

Das Projekt 515 VI der Forschungsvereinigung Antriebstechnik e.V. (FVA) wurde über Eigenmittel finanziert.

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