Risse auf Lagerringen
FVA 707 II, IGF-Nr. 17904 N
Gefügeveränderungen in Wälzlagerringen mit Rissen als Folgeschaden
Die Auslegung von Wälzlagern hinsichtlich Ermüdungslebensdauer erfolgt in der Regel unter Verwendung der DIN ISO 281. In den praktischen Anwendungen von Wälzlagern kommt es zurzeit zu vermehrten Ausfällen weit vor der berechneten Lebensdauer, die im Zusammenhang mit dem Auftreten von Rissen und im Bereich von weiß anätzbaren Bereichen stehen.
Das Schadensbild ist oberflächlich häufig durch axiale Risse und Ausbrüche gekennzeichnet. Durch Schliffpräparationen der geschädigten Komponenten kann unter der Oberfläche ein mehrfach verzweigtes Rissnetzwerk nachgewiesen werden. Durch anschließendes Anätzen der betroffenen Bereiche lässt sich eine Gefügeveränderung detektieren. Diese Bereiche erscheinen weiß und werden als „White Etching Areas – WEA“ bzw. aufgrund des Rissnetzwerkes als „White Etching Cracks – WEC“ bezeichnet. Trotz der hohen Anzahl derzeitiger Forschungsarbeiten sind die Ursachen dieser Schäden unzureichend geklärt.
Das Ziel des Vorhabens war es, das Verständnis für WEA/WEC-Bildung in Wälzkontakten zu erweitern. Es sollten zunächst Betriebsbedingungen bestimmt werden, unter denen der Schaden reproduzierbar erzeugt werden kann. Dazu wurde der Einfluss relevanter Faktoren (z.B.: Pressung, Schlupf, elektrischer Strom und Wasserstoff) sowie ihrer Kombinationen systematisch untersucht.
In Untersuchungen an Axialzylinderrollenlagern konnte eine Korrelation des Schadensortes mit reibenergetischen Kennwerten beobachtet werden. In einer Parametervariation hat sich gezeigt, dass die WEA/WEC-Bildung eine geringere Pressungsempfindlichkeit aufweist als bei der klassischen Ermüdung. Es zeigte sich außerdem, dass bei kürzeren Zeiten zwischen zwei Überrollungen, negativen Schlupfbeträgen und Mischreibungszuständen die WEA/WEC-Bildung begünstigt wird. Weiterhin konnte gezeigt werden, dass hohe Gleichströme zu einer WEA/WEC-Bildung an ölgeschmierten Radialzylinderrollenlagern und Vierscheibenprüflingen führen. Bei zunehmender Stromstärke nahm die Laufzeit bis zum Ausfall ab.
Für den Fall, dass diffusibler Wasserstoff in Gehalten von ca. 1 bis 2 ppm nach einer künstlichen Wasserstoffbeladung vorliegt, führten beim Vierscheibenprüfstand bereits geringe Kontaktpressungen (~1000 N/mm²) zu einem WEA/WEC-Schaden.
Im Forschungsvorhaben konnten somit Einflussfaktoren ermittelt werden, die die WEA/WEC-Bildung beeinflussen. Neben einer mechanischen Beanspruchung unter Mischreibungsbedingungen führen eine elektrische Beanspruchung sowie eine künstliche Wasserstoffbeladung zur Schadensentstehung. Weitere Forschungs-arbeiten sind vor allem im Hinblick auf die Identifizierung von kritischen Werten der Einflussgrößen (insb. Pressung, Schlupf, elektrischer Strom und Wasserstoff) und WEA/WEC Vorstufen erforderlich. In weiteren Forschungsarbeiten sollte eine nähere Betrachtung des Einflusses des Schmierstoffes und des Werkstoffs auf die WEA/WEC-Bildung erfolgen.
Das IGF-Vorhaben 17904 N der Forschungsvereinigung Antriebstechnik e.V. (FVA) wurde über die AiF im Rahmen des Programms zur Förderung der Industriellen Gemeinschaftsforschung (IGF) vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie aufgrund eines Beschlusses des Deutschen Bundestages gefördert.