WEC | Wärmebehandlung und Werkstoffe Gegenmaßnahmen
FVA Eigenmittelprojekt 707 VII
Wärmebehandlung und neue Werkstoffe als Abhilfemaßnahmen gegen White Etching-Areas / White Etching-Cracks
White Etching Areas (WEA) und White Etching Cracks (WEC) wurden als maßgebliche Glieder der Kausalkette von vorzeitigen Wälzlagerschäden zwischen 1 bis 20 % der rechnerischen Lebensdauer (L10) identifiziert. Das makroskopische Schadensbild der betroffenen Wälzlager ist durch Axialrisse und Ausbrüche auf der Innen- und Außenringlaufbahn sowie den Wälzkörpern gekennzeichnet.
Die Entstehung von WEA/WEC ist von verschiedenen Treibern abhängig. Hierzu zählen die Kontaktbedingungen, der Spannungszustand, der Schmierstoff, der Werkstoff, der Wasserstoff sowie elektrischer Strom und die Temperatur. In der Projektreihe FVA 707 wurde der Schadensmechanismus der WEA/WEC dahingehend untersucht, welche reproduzierbaren Bedingungen und Treiber die Entstehung von WEA/WEC begünstigen. Für die Praxis konnten jedoch bisher keine abgesicherten wirtschaftlichen Maßnahmen zur Vermeidung von WEA/WEC abgeleitet werden. Im Fokus aktueller Forschung steht die Beschreibung des Werkstoffeinflusses auf die WEA/WEC-Entstehung. Das Feld der Werkstoffe und Wärmebehandlungen bietet eine große Bandbreite wissenschaftlich möglicher Lösungen, die jedoch durch wirtschaftliche und wettbewerbliche Randbedingungen stark eingeschränkt werden.
Das Ziel dieser Studie war die Identifizierung vorwettbewerblicher Trends und Fragestellungen zu werkstofftechnischen WEA/WEC-Gegenmaßnahmen in Wälzlagern. Darauf aufbauend sollten Werkstoffe und werkstofftechnische Gegenmaßnahmen bewertet und festgelegt werden, um die zielgerichtete Erforschung in Folgeprojekten zu ermöglichen.
Um das Ziel zu erreichen, erfolgte zunächst eine Aufarbeitung der Literatur. Dabei wurden neben den unterschiedlichen Werkstoffen auch Wärmebehandlungen und Beschichtungen betrachtet. Aus über 1200 recherchierten Literaturstellen wurden 73 Quellen in die Ergebnisse eingeschlossen, die über potenzielle WEA/WEC-Gegenmaßnahmen berichten. Das verwendete Ordnungsschema (Abbildung 1) zur Einordnung der Gegenmaßnahmen verknüpft:
- Einen Treiber von WEA/WEC
- Eine Detaillierung des Treibers
- Einen Mechanismus zur Unterdrückung der Treiberwirkung
Im Folgenden Schritt wurden Expertenbefragungen in Form von Interviews und einer Umfrage durchgeführt. Zweck der Expertenbefragungen war eine systematische Reduktion der heterogenen Ergebnisse der Literaturrecherche sowie eine erste Potentialeinschätzung von Gegenmaßnahmen hinsichtlich Praxisrelevanz und Forschungsbedarf. Abschließend wurden die potenziellen Gegenmaßnahmen in einer Machbarkeitsstudie in Form eines entsprechenden halbtägigen Industrieworkshops bewertet.
Im Ergebnis konnten Carbonitrieren, Einsatzhärten, induktives Härten, Brünieren und die Verwendung von Legierungen mit Chrom und Stickstoff als geeignete Maßnahmen identifiziert werden. Unklar blieb die Bedeutung des Restaustenitgehalts bei der WEA/WEC-Vermeidung, der in der Literatur ebenfalls nicht systematisch untersucht wurde. Die Erprobung der identifizierten Maßnahmen soll in Folgeprojekten unter Berücksichtigung des Wasserstoffeinflusses, Stromdurchgangs, Schlupfs und der mechanischen Belastung stattfinden. Im Rahmen der Machbarkeitsstudie wurde schließlich die Empfehlung herausgearbeitet, dass die „Bewertung und Optimierung des Carbonitrierens hinsichtlich der Vermeidung von WEA/WEC“ künftig vorrangig geforscht werden soll.
Das Projekt 707 VII der Forschungsvereinigung Antriebstechnik e.V. (FVA) wurde über Eigenmittel finanziert.