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FhG IWM - IFOS - Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg
Im Projekt entwickelte Vorgehensweise zur Durchführung einer TEHD-Verschleißsimulation unter Einbezug simulierter Schmierstoffviskosität und einer simulierten Grenzreibungszahl.

Vorhersage Verschleiß

FVA 929 I | IGF-Nr. 01|F21625 N

Vorhersage von Verschleiß mit Multiskalen- und Multiphysikansätzen

In nahezu allen Maschinen spielt Verschleiß eine entscheidende Rolle für die Zuverlässigkeit, Leistungsfähigkeit und Gebrauchsdauer des Produkts. Aufgrund steigender Forderungen nach Effizienz und Leistungsdichte kommt es in Maschinenelementen wie Wälzlagern oder Zahnrädern zu höheren Laufzeitanteilen unter Mischreibungsbedingungen. Um die Bauteilhaltbarkeit dennoch sicherstellen zu können, muss der mischreibungsbedingte Verschleiß zuverlässig berechnet werden. Mit gängigen Verschleißmodellen wird der Verschleiß in Abhängigkeit von Reibkontaktgrößen berechnet. Die Anpassung an das untersuchte System erfolgt meist über einen experimentell zu ermittelnden Verschleißfaktor. Da dieser Faktor eine Vielzahl von Einflüssen, wie die Schmierstoffzusammensetzung, den Grenzschichtaufbau oder die resultierende Schichtzusammensetzung der Kontaktpartner zusammenfasst, ist die Verschleißbestimmung für eine konkrete Anwendung möglich, ein Transfer auf andere Systeme jedoch schwierig. Im Rahmen dieses Forschungsvorhabens soll daher mit Hilfe von Multiskalen- und Multiphysikansätzen eine Berechnungsmethode entwickelt werden, in der die Viskosität des Schmierstoffs und die Grenzreibungszahl der sich kontaktierenden Triboschichten simulativ ermittelt werden und im Rahmen einer TEHD- Verschleißsimulation aufgegriffen werden.

Zu diesem Zweck wurden im Forschungsvorhaben Verschleißversuche an verschiedenen Prüfständen durchgeführt, durch welche das Verschleißverhalten der festgelegten Werkstoff/Schmierstoff-Paarung (100Cr6/PAO4/100Cr6) untersucht wird. Ziel dieser Untersuchungen war es, die Abhängigkeit des Verschleißes von der Belastung und der Schmierstofftemperatur zu ermitteln, systemübergreifend Parallelen in der Verschleißentwicklung festzustellen sowie mit Hilfe von oberflächenanalytischen Untersuchungen die Versuchsergebnisse zu plausibilisieren und wirkenden Triboschichten zu charakterisieren. Das Ergebnis dieser Arbeitspakete ist die dargestellte Vorgehenweise zur Durchführung einer TEHD- Verschleißsimulation mit simulierten Schmierstoffviskositäten und einer simulierten Grenzreibungszahl.

Die Oberflächenanalytik beschreibt innerhalb der Methodenkette nicht nur die Phänomenologie einzelner charakteristischer stofflicher Zustände der Oberfläche, sondern strebt die quantitative und repräsentative Erfassung der gesamten Oberflächenmorphologie an. Das schließt neben der Oberflächentopografie auch die Erfassung der chemisch- strukturellen Zusammensetzung der Oberfläche und die Verteilung dieser Merkmale auf. Die Röntgen-Photoelektronenspektroskopie (XPS) liefert neben Element- Oberflächenkonzentrationen auch strukturelle Informationen zu den atomaren Bindungsverhältnissen, die zum Beispiel als Input für die MD-Simulation benötigt werden. Zusätzlich kamen auch höher auflösende Verfahren, zum Beispiel elektronenmikroskopische Methoden (High Resolution Transmissionelektronen-Mikroskopie HRTEM usw.) zum Einsatz. Neben den mittels Nanoindentation gemessenen mechanischen Eigenschaften (E-Modul, Härte) der Triboschichten stellt die hochortsaufgelöste Messung der Oberflächentopografie eine wichtige Eingangsgröße zur Berechnung der Rheologie des Schmierstoffs in dünnen Spalten dar. Es wurde ein Modell der gemessenen Triboschicht erstellt.

Entsprechend des chemischen Aufbaus des vom Schmierstofflieferanten bereitgestellten Schmierstoffs wurde am IWM die newtonsche Viskosität des Öls mithilfe von Simulationen auf Basis eines Pothoff-Kraftfelds in Abhängigkeit von Druck und Temperatur berechnet. Die auf Simulationen basierenden Viskositätswerte wurden anschließend mit den messtechnisch ermittelten Eigenschaften verglichen. Es konnte eine sehr gute Übereinstimmung zwischen Simulation und Messung festgestellt werden, wobei die maximale Abweichung 30 % betrug.

Das vom IFOS generierte Oberflächenmodell wurde aufgegriffen und entsprechend den Ergebnissen wurden Polyphosphatplatten aufgebaut, die chemisorbierte ZnDTP-Fragmente enthalten. Anschließend wurde der Schmierspalt mit dem modellierten Schmierstoff gefüllt und durch das Anlegen von Druck, Temperatur und Scherung der Oberflächen belastet. Durch die Variation dieser Parameter – Druck, Temperatur und Schergeschwindigkeit – wurde ein Gesetz für den Schlupf des Schmierstoffs abgeleitet. Mithilfe des Schlupfverhaltens und der Viskosität konnte eine analytische Vorschrift für die Grenzreibung zwischen den Oberflächen in Abhängigkeit der Schmierspalthöhe berechnet werden.

Die bisherige Vorgehensweise der TEHD-Verschleißsimulation stützt sich hauptsächlich auf der Durchführung von Verschleißversuchen zur Bestimmung der Grenzreibungszahl der Schmierstoff/Werkstoff-Paarung und der Verschleißkoeffizienten. Weiterhin wurden experimentell die Schmierstoffeigenschaften ermittelt. Durch den Einsatz der erarbeiteten Methodenkette können nun die Grenzreibung und die Schmierstoffeigenschaften simulativ abgeschätzt werden und somit in einer TEHD-Verschleißsimulation aufgegriffen werden.

Das IGF-Vorhaben IGF-Nr. 01|F21625 N der Forschungsvereinigung Antriebstechnik e.V. (FVA) wurde über die AiF im Rahmen des Programms zur Förderung der Industriellen Gemeinschaftsforschung (IGF) vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie aufgrund eines Beschlusses des Deutschen Bundestages gefördert.

AiF Mitgliedgefördert vom BMWE aufgrund eines Beschlusses des Deutschen Bundestages
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