Stromdurchgang in Wälzlagern
FVA 650 III | IGF-Nr. 21488 N
Untersuchung von Oberflächenveränderungen und Folgeschäden an Wälzoberflächen durch Stromdurchgang
Im FVA-Projekt 650 III wurden verschiedene Faktoren untersucht, die das Schadensphänomen der elektromechanischen Riffelbildung beeinflussen bzw. auslösen. Bei der Riffelbildung handelt es sich um eine Schädigung der Oberflächen der metallischen Kontaktpartner, nämlich der Laufspuren am Innen- und Außenring und der Wälzkörper im Wälzlager. Das charakteristische Merkmal der Riffel ist eine periodisch wiederkehrende, meist gleichmäßig angeordnete Folge von linsenförmigen Oberflächenvertiefungen als „Waschbrettmuster“ auf den o. g. Oberflächen. Im Gegensatz zum bekannten False-Brinelling-Schaden muss für das Entstehen von Riffeln ein elektrischer Stromfluss durch den bewegten tribologischen Kontakt erfolgen. Ein ruhender Kontakt bei Stromfluss zeigt keine Riffelbildung. Dieser Stromfluss kann gewollt sein, z. B. bei Erdungskontakten in der Eisenbahn, oder er ist parasitär und ungewollt, z. B. in elektrischen Maschinen durch magnetische Asymmetrien oder bei Speisung der Maschinenwicklungen mit schnellschaltenden Frequenzumrichtern, fallweise auch gepaart mit ungünstigen Erdungsverhältnissen der elektrischen Maschine. Im Rahmen des Projekts wurden Einflussparameter auf das Schadensphänomen „Riffelbildung“ untersucht und der Entstehungsvorgang zeitaufgelöst betrachtet.
Die hierzu notwendigen Untersuchungen wurden an Einzellager-Modellprüfständen und an Antriebssystemprüfständen mit Umrichtergespeisten Asynchronmaschinen durchgeführt, wobei folgende Einflussfaktoren untersucht wurden: Schnelle Drehzahländerungen, Schwingungsanregung durch Läuferunwucht, unterschiedlich hohe Gleich- und Wechselstromdichte im Lager, zwei unterschiedliche Lagerschmierstoffe, veränderliche Lagertemperatur und Lager-Kontaktkraft bzw. Kontaktfläche und unterschiedliche stationäre Drehzahlen. Bei allen Versuchen konnten ohne einen elektrischen Lager-Stromfluss keine Riffel erzeugt werden. Mit elektrischem Stromfluss konnten bei geschmiertem Kontakt auch am Einzelkontakt zwischen zwei balligen Stahl-Wälzkörpern Riffelmuster erzeugt werden, so dass die periodische Abfolge mehrerer Wälzkörper im Lager für die periodisch sich wiederholenden Riffelmuster nicht von grundlegender Bedeutung ist. Bei Stromfluss im Einzelkontakt ohne Schmierstoff überwog der mechanisch abrasive Einfluss so sehr, dass sich auf der aufgerauten Laufspur keine Riffel ausbilden konnten. Bei Gleichstrom treten im geschmierten Lager bzw. Einzelkontakt wegen des kontinuierlichen Stromflusses die Riffel wesentlich rascher auf als bei Wechsel-Lagerströmen gleicher effektiver, auf die berechnete Hertz´sche Pressungsfläche bezogene Stromdichte. Bei Versuchen mit Gleichströmen am Wälzlager trat die Riffelbildung zuerst am Lagerring mit elektrisch negativer Polarität auf, während bei Wechselströmen wegen der Polaritätswechsel keine Bevorzugung einer Polarität festgestellt werden konnte. Mit steigender Stromdichte erhöhte sich jedenfalls die Geschwindigkeit der Riffelbildung. Bei gleicher Stromstärke, aber geringerer Lagerkraft oder höherer Lagergeschwindigkeit oder niedrigerer Lagertemperatur tritt die Riffelbildung rascher auf. Daraus folgt, dass neben der Höhe der elektrischen Stromstärke die zunehmende Schmierfilmhöhe im tribologischen Kontakt als Haupteinflussfaktor für die elektromechanisch induzierte Riffelbildung in Frage kommt. Dagegen zeigten weder die teilweise auch gegenüber üblichen Restunwuchten deutlich erhöhten Läuferunwuchten noch die schnellen Drehzahländerungen bis ca. 12 U/min/ms einen nennenswerten Einfluss auf die Riffelbildung.
Das Vorhaben IGF-Nr. 21488 N der Forschungsvereinigung Antriebstechnik e.V. (FVA) wurde im Rahmen des Programms zur Förderung der Industriellen Gemeinschaftsforschung (IGF) vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz aufgrund eines Beschlusses des Deutschen Bundestages gefördert.