Rotierende Gehäuse
FVA 684 I, IGF-Nr. 17297 N
Bei schnell rotierendem Gehäuse betriebssicher abdichten
Im FVA-Forschungsvorhaben 684 „Rotierende Gehäuse“ wurde der Einfluss der Zentrifugalkraft auf das RWDR-Dichtsystem systematisch untersucht. In der Regel werden RWDR in ein nicht rotierendes Gehäuse montiert, während die abzudichtenden, aus dem Gehäuse austretenden Maschinenteile eine Drehbewegung ausführen. Abgesehen von diesem Standardfall existieren aber auch Anwendungen, bei denen das Gehäuse selbst rotiert. Dies ist zum Beispiel bei Radnaben, Überlagerungsgetrieben oder Zentrifugen der Fall. Mit dem Gehäuse rotiert auch der Dichtring und es wirkt eine radial nach außen gerichtete Fliehkraft auf das Dichtsystem.
Die wirkende Fliehkraft kann zu einer Aufweitung der Dichtlippe führen, was bei komplettem Kontaktverlust zwischen Dichtung und Gegenlauffläche Leckage oder Kontamination des abzudichtenden Raumes verursachen kann. In diesem Forschungsvorhaben wurden verschiedene RWDR-Bauformen unterschiedlicher Baugröße hinsichtlich ihres Betriebsverhaltens in der Anwendung „rotierendes Gehäuse“ analysiert sowie die Wissenslücken fliehkraftbeanspruchter Dichtsysteme für die Eignung der einzelnen Bauformen für diesen Anwendungsfall systematisch aufgearbeitet. Im Fokus standen hierbei die Entwicklung der Radialkraft in Abhängigkeit von der Drehzahl und die Ermittlung der kritischen Abhebedrehzahlen bei unterschiedlichen Betriebsbedingungen. Des Weiteren wurden in der Praxis häufig eingesetzte Anpassungen der Dichtringe hinterfragt und in die Untersuchungen mit einbezogen.
Es zeigte sich, dass ausgehend von standardisierten statischen Radialkraftmessungen die kritischen Drehzahlen durch einen analytischen Berechnungsansatz abgeschätzt werden können. Die Differenzierung zwischen den Radialkraftanteilen der Schraubenzugfeder und des Elastomers ermöglicht fortan eine verbesserte Auswahl der Dichtringe, da die Drehzahlen zur Kompensation der Radialkräfte getrennt voneinander betrachtet werden können. Der entscheidende Parameter für die Abschätzung der kritischen Drehzahlen ist die Dichtlippengeometrie bzw. die Länge der Dichtlippenmembran, weil eine ausgeprägte Membran das Abheben der Dichtlippe begünstigt. Es zeigte sich außerdem, dass die Dichtungsperipherie und die dadurch bedingte Ölverteilung im rotierenden Gehäuse einen nicht zu vernachlässigenden Einfluss auf die kritischen Drehzahlen rotierender Dichtungen haben.
Das IGF-Vorhaben IGF-Nr. 17297 N der Forschungsvereinigung Antriebstechnik e.V. (FVA) wurde über die AiF im Rahmen des Programms zur Förderung der Industriellen Gemeinschaftsforschung (IGF) vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie aufgrund eines Beschlusses des Deutschen Bundestages gefördert.