
Restaustenitkonditionierung
FVA 919 I | IGF-Nr. 01|F21546 N
Konditionierung von hoch restaustenithaltigen Zuständen durch Verfahren der Kaltverfestigung zur Erzeugung maximaler Zahnradtragfähigkeit
Einsatzhärten ist im Bereich der Antriebstechnik eines der am häufigsten verwendeten Wärmebehandlungsverfahren für hochbeanspruchte Verzahnungen. Gängige Normen und Richtlinien zur Auslegung von einsatzgehärteten Zahnrädern begrenzen in der Regel den zulässigen Restaustenitgehalt im Gefüge auf 30 Masse-% oder weniger. Im Bereich der Forschung hat sich jedoch in den letzten Jahren wiederholt gezeigt, dass durch Carbonitrieren, als Variante des Einsatzhärtens, auch erhöhte Restaustenitgehalte nicht zwingend zu einer Minderung der Tragfähigkeit von Zahnrädern führen. In abgeschlossenen Forschungsvorhaben und der Literatur finden sich Hinweise, dass ein hoher Restaustenitanteil sogar tragfähigkeitssteigernd wirken kann, sofern eine ausreichende, mechanisch induzierte Restaustenit- zu Martensitumwandlung vor der Beanspruchung im Betrieb stattfindet.
Im Rahmen des Forschungsprojektes erfolgten sowohl theoretische als auch experimentelle Untersuchungen an carbonitrierten, hoch-restaustenithaltigen Gefügezuständen, welche vor der Beanspruchung im Betrieb bzw. Prüflauf gezielt einer Kaltverfestigung durch Strahl- und Festwalzprozesse unterzogen wurden. Hierzu wurden im Rahmen von Voruntersuchungen zunächst verschiedene Wärmebehandlungsprogramme zur Erzeugung solcher Gefügezustände an mehreren praxisüblichen Einsatzstählen durchgeführt. Anschließende Untersuchungen verschiedener Kaltverfestigungsprozesse an Probenkörpern belegen eine mechanisch induzierte Restaustenitumwandlung im Gefüge sowie eine Erhöhung der Biegewechselfestigkeit gegenüber praxisüblichen einsatzgehärteten Gefügen. Weiterführende Untersuchungen an carbonitrierten Verzahnungen mit bis zu 70 Masse-% Restaustenitanteil (exemplarisch s. Abbildung 1) nach der Wärmebehandlung belegen ebenfalls eine mechanisch induzierte Restaustenitumwandlung vor den Prüfläufen sowie eine weitgehende Restaustenitstabilität während dieser. In umfangreichen Pulsatorversuchen konnte für sämtliche untersuchten Varianten eine signifikante Steigerung der Zahnfußtragfähigkeit gegenüber reinigungsgestrahlten, einsatzgehärteten Gefügen nach dem Stand der Technik beobachtet werden. Bezüglich der Grübchentragfähigkeit zeigte sich im Laufversuch keine Minderung gegenüber praxisüblichen, einsatzgehärteten Gefügen. Analogieuntersuchungen zur Grübchentragfähigkeit im Zwei-Scheibenprüfstand an festgewalzten Probenkörpern belegen das Potential des Festwalzens als alternativen Kaltverfestigungsprozess sowie zur Tragfähigkeitssteigerung. Die gewonnenen Erkenntnisse ermöglichen es, bestehende Carbonitrierprozesse zu optimieren, die Tragfähigkeit von Zahnrädern zu steigern und bieten die Basis zur zukünftigen Erweiterung bestehender Normen und Richtlinien zur Verzahnungsauslegung.
Das IGF-Vorhaben IGF-Nr. 01|F21546 N der Forschungsvereinigung Antriebstechnik e.V. (FVA) wurde im Rahmen des Programms zur Förderung der Industriellen Gemeinschaftsforschung (IGF) vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz aufgrund eines Beschlusses des Deutschen Bundestages mit den Mitteln der IGF gefördert.
