Neues FVA-Projekt: Berechnung und Untersuchung der Schleppmomente nasslaufender Lamellenkupplungen

PA Schaltbare Kupplungen und Bremsen | FVA 671 III

Nasslaufende Lamellenkupplungen und -bremsen sind weit verbreitete Maschinenelemente in der Antriebstechnik. Sie können unter Differenzdrehzahl geschaltet werden und das übertragbare Drehmoment kann, auch im Betrieb, flexibel eingestellt werden. Hierdurch ergibt sich eine Vielzahl an Einsatzgebieten. Sie dienen als Anfahr- und Lastschaltelemente in Doppelkupplungs- und Automatikgetrieben, aktive Längs- und Querdifferenziale, Rutsch- und Sicherheitskupplungen sowie Bremsen.

Im geöffneten Zustand der nasslaufenden Kupplung treten durch Fluidscherung hervorgerufene, lastunabhängige Schleppverluste auf. Insbesondere wenn mehrere offene Kupplungen in einem Getriebe vorhanden sind, können deren Schleppverluste einen nennenswerten Anteil an den Gesamtverlusten darstellen. Ziel der Entwicklung in den Herstellerfirmen ist die Reduktion dieser Verluste. Hierfür ist eine detaillierte Kenntnis der Strömungsverhältnisse in der Kupplung erforderlich, um einerseits die Entstehung und Einflussfaktoren der Verluste zu identifizieren und in einem weiteren Schritt das Design zukünftiger Kupplungen verlustarm zu gestalten.

Im Forschungsvorhaben „FVV 1012 – Schleppverluste Lamellenkupplungen“ wurden in umfangreichen Versuchsreihen Einflussfaktoren wie Nutung, Reibflächenanzahl und -durchmesser, Sinuswellung, Lüftspiel, Öleinspritztemperatur, Ölvolumenstrom und Betriebsart in ihrer Auswirkung auf die Schleppverluste betrachtet. Im Folgevorhaben „FVA 671/I – Schleppverluste Lamellenkupplungen II“ wurden die Erkenntnisse über die Schleppverluste und ihre Entstehungsmechanismen erweitert. Der Schwerpunkt lag auf der Fragestellung, welche Faktoren das unerwünschte Phänomen „Lamellentaumeln“ beeinflussen. Derartige experimentelle Untersuchungen bedeuten einen hohen Kosten- und Zeitaufwand, wenn bei der Entwicklung ein das Schleppmoment minimierendes Design gefunden werden soll. Es können zudem nur bestehende Varianten getestet werden.

Neben den experimentellen Untersuchungen wird vereinzelt auch die numerische Fluiddynamik (CFD) zur Untersuchung der Schleppverluste nasslaufender Lamellenkupplungen eingesetzt. Mithilfe von CFD-Simulationen können die Schleppverluste bereits in der Vorentwicklung berechnet und minimiert werden. Die hierfür benötigten Rechenkapazitäten stellen allerdings sehr hohe Anforderungen an heute verfügbare Computer. Zur Reduktion der Rechenzeiten werden dabei meist starke Vereinfachungen bezüglich der Nutgeometrie und des Stoffverhaltens eingebracht.

Im Forschungsvorhaben „FVA 671/II – Schleppmomentberechnung“ wurde auf Basis der experimentellen Untersuchungsergebnisse aus den beiden Forschungsvorhaben „FVV 1012“ und „FVA 671/I“ sowie weiterer umfangreicher, im Vorhaben durchgeführter Untersuchungen ein empirisch-mathematisches Modell zur anwenderorientierten Schleppmomentberechnung entwickelt. Mithilfe des abgeleiteten Modells ist es nun möglich, das Schleppmoment mit minimalem Rechenaufwand und gleichzeitig hinreichender Genauigkeit zu berechnen. Dieses Modell wurde in einen EDV-technischen Methodenträger integriert und steht nun den Berechnungsabteilungen in der frühen Phase der Kupplungsentwicklung als Werkzeug zur Verfügung. Das Modell stützt sich hierbei vor allem bei Prädiktionen zu Bremsbetriebs-Einspritzschmierung auf eine breite Basis von Versuchsdaten. Um auch für Kupplungsbetrieb-Einspritzschmierung und Tauchschmierung zuverlässige Berechnungen durchführen zu können, ist eine gezielte Erweiterung der jeweiligen Datenbasen zwingend erforderlich (vgl. Bild 1). Darüber hinaus ist die experimentelle Untersuchung weiterer Einflussfaktoren wie Neigung der Rotationsachse, Luftgehalt im Öl und Lamellenbewegung von hohem Interesse. Ausgewählte Erkenntnisse dieser Untersuchungen können als Erweiterung in das Prädiktionsmodell implementiert werden.

Durch eine effiziente technisch-wirtschaftliche Optimierung des Kupplungsdesigns können die Schleppverluste nasslaufender Lamellenkupplungen und -bremsen deutlich reduziert werden. Ein hohes Potential besteht hier bereits bei der optimalen Auswahl von Betriebsbedingungen und Geometrieparametern in der frühen Phase der Kupplungsentwicklung.

Ziel der Forschungsarbeiten ist damit die Weiterentwicklung des im Vorhaben FVA 671/II aufgebauten empirisch-mathematischen Berechnungsmodells. Überführt in einen Methodenträger soll das erweiterte Modell den Berechnungsabteilungen als zuverlässiges Werkzeug im Auslegungsprozess dienen. Das Berechnungsmodell ermöglicht eine zielgerichtete Kupplungsentwicklung und eröffnet damit ein großes Potential zur Kostenreduktion und Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit.

Hierfür müssen die vorliegenden Datenbasen für Kupplungsbetriebs-Einspritzschmierung und Tauchschmierung mittels systematischer Versuchsreihen erweitert werden. Zusätzlich sollen Einflussfaktoren wie Neigung der Rotationsachse, Luftgehalt im Öl und Lamellenbewegung auf das Schleppverlustverhalten experimentell untersucht werden. Als Ergänzung soll das Potential von Zwangsdistanzierungselementen bewertet werden. Neben der Modelloptimierung sollen ausgewählte Erkenntnisse des Vorhabens als Erweiterung in den im Vorhaben FVA 671/II entwickelten Methodenträger integriert werden. Somit wird ein direkter Transfer aktueller Forschungsergebnisse in die Anwenderfirmen realisiert.

Das Projekt 671 III der Forschungsvereinigung Antriebstechnik e.V. (FVA) wird über Eigenmittel finanziert.

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