Leibniz Universität Hannover, Institut für Antriebssysteme und Leistungselektronik | Fraunhofer IFAM

Motor mit hoher Drehmomentdichte und Sättigung

FVA Eigenmittelprojekt 800 II

Abgleich von FEM & Messungen im Bereich hoher Sättigung

Heute werden zunehmend umrichtergespeiste Elektromotoren als Antriebe in Maschinen und Anlagen aller Art eingesetzt. Dabei ist der Trend zum Einsatz von Direktantrieben, deren Drehzahl je nach Anwendung besonders hoch oder gering ist, ungebrochen, ebenso wie der Trend zur Substitution klassischer mechanischer Antreiber durch Elektroantriebe. Andererseits bestechen pneumatische und vor allem hydraulische Antriebe im Vergleich zu heute verfügbaren Elektroantrieben durch eine sehr hohes Drehmoment- bzw. Kraftdichte. Sie sind daher in bestimmten Bereichen der Antriebstechnik derzeit unverzichtbar, obgleich sie einen relativ geringen Systemwirkungsgrad sowie relativ schlechte Regeleigenschaften (aufgrund von Nichtlinearitäten) besitzen und den Einsatz ggf. problematischer Fluide erfordern.

Im Forschungsvorhaben FVA 800 I wurde das Potenzial zur Erhöhung der Drehmomentdichte anhand eines entwickelten und aufgebauten Funktionsprototyps nachgewiesen. Durch den erfolgreichen Einsatz der gießtechnisch hergestellten Zahnspulenwicklungen mit integrierten Kühlkanälen für direkte Leiterkühlung konnten Dauerstromdichte von bis zu 48 A/mm² erreicht werden. Im Vergleich zum Ausgangs-Torque-Motor kann theoretisch ein bis zu 5-fach höheres Drehmoment erzielt werden. Offen geblieben ist jedoch die Fragestellung, ob das in FVA 800 I entwickelte analytische Berechnungsverfahren sowie die klassische FEM-Simulation auch geeignet sind, das Betriebsverhalten von Motoren im Bereich sehr hoher Stromdichten und gleichzeitig hoher Sättigung korrekt vorherzusagen. Ebenso bleibt zu verifizieren, ob der in FVA 800 I entwickelte Maschinenprototyp die prognostizierten Drehmomente im Bereich starker Sättigung erreichen kann. Dazu wird in diesem Folgeprojekt FVA 800 II das 2D-Modell zu einem 3D-Modell erweitert und das Maschinenverhalten am 3D-Modell simuliert, um Randeffekte durch Streufelder im Stirnbereich der axial sehr kurzen Rotorbauweise zu berücksichtigen. Zusätzlich wird eine umfangreiche Prüfung des Funktionsdemonstrators auf dem Leistungsprüfstand des Fraunhofer IFAM durchgeführt.

Die Gegenüberstellung der 3D-Simulationsergebnisse und der Messwerte am Prüfstand zeigt eine hohe Übereinstimmung. Es werden Stromdichte von bis zu 51,25 A/mm² nachgewiesen. Die gewonnenen Erkenntnisse zeigen, dass die klassische FEM-Simulation und das analytische Berechnungsverfahren grundsätzlich auch zur Vorhersage des Maschinenverhaltens bei hoher Sättigung und gleichzeitig hohen Stromdichten geeignet sind. Im vorliegenden Fall bedarf es der 3D-Simulation zur Berücksichtigung von Streufelder im Stirnbereich des axial sehr kurzen Rotors.

Die Ergebnisse knüpfen an die Wissensbasis des Vorgängerprojekts FVA 800 I an und liefern Herstellern und Anwendern, die auf dem Gebiet der elektrischen Antriebstechnik tätig sind, präzise Information über die Dimensionierung und Berechnung sowie das reale Verhalten elektrischer Maschinen mit hoher Leistungsdichte, wie z.B. Torque-Motoren für den Ersatz in Hydraulikapplikationen. Die Erweiterung des bestehenden Wissens ist von hoher Bedeutung, um eine schnellere und zielsichere Dimensionierung und Berechnung elektrischer Maschinen mit direkter Leiterkühlung zu ermöglichen und folglich eine Reduktion von Entwicklungszeit und Kosten zu erzielen.

Das Projekt 800 II der Forschungsvereinigung Antriebstechnik e.V. (FVA) wurde über Eigenmittel finanziert.

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