Mindestlast von Wälzlagern
FVA 830 I | IGF-Nr. 20032 N
Im praktischen Einsatz von Wälzlagern gibt es Anwendungsfälle, in denen die Wälzlager über längere Zeit stationär unter sehr geringen Lasten betrieben werden. Ein Wälzlagerbetrieb unter derartigen Bedingungen kann erfahrungsgemäß zur Schädigung der Lager und damit einhergehenden Kosten durch die Instandsetzung und den Anlagen- oder Maschinenstillstand führen. In der Literatur werden unterschiedliche Formeln zur Abschätzung einer Mindestlast für den schadenfreien Betrieb angegeben. Ein schadenfreier Betrieb ist allerdings nicht zwangsläufig mit einem schlupffreien Betrieb gleichzusetzen. Häufig tritt auch oberhalb der Mindestlasten noch Schlupf im Lager auf, der jedoch nicht zu Schäden führt. Ein allgemeiner Ansatz zur Bestimmung der Mindestlast für einen schadenfreien Betrieb im Lager existiert bisher nicht.
Im Rahmen des Forschungsprojektes wurde daher auf Basis experimenteller und theoretischer Untersuchungen eine Näherungsgleichung ermittelt, die eine Abgrenzung zwischen schädlichem und schadenfreiem Betrieb bei niedrigen Lagerlasten erlaubt. Entscheidend ist dabei, dass die Mindestlast nicht die Grenze für einen schlupffreien, sondern einen schadenfreien Betrieb beschreibt. Der Untersuchungsschwerpunkt lag auf stationären Betriebszuständen von Radialzylinderrollenlagern und vollrolligen Zylinderrollenlagern.
Um das Ziel zu erreichen, wurden umfangreiche experimentelle sowie simulative Untersuchungen zur Lagerkinematik sowie zur Schadenserzeugung unter Niedriglasten an drei verschiedenen Lagergrößen (50 bis 160 mm Bohrungsdurchmesser) durchgeführt. Das Provozieren von Anschmierschäden erfolgte im stationären Lagerbetrieb durch die Variation der Einflussparameter Radiallast, Innenringdrehzahl, Schmierstoffhöhe und Schmierstofftemperatur. Am MEGT wurde die Untersuchung von Prüflagern der 10er und 18er Baugröße durchgeführt. Der Fokus der experimentellen Kinematikuntersuchung von Zylinderrollenlagern lag auf der Validierung der am MEGT vorhandenen MKS-Modelle im Mindestlastbereich. Am MSE wurden experimentelle Untersuchungen an Prüflagern der 32er Baugröße zur Ermittlung der schadenfreien Betriebsgrenze vollzogen. Die Versuche am Prüflager der 56er Baugröße erfolgten anschließend am IMKT.
Die Untersuchungen an Prüflagern der 32er Baugröße haben gezeigt, dass im untersuchten Parameterbereich und bei 75% bis 100% Mindestlast keine Anschmierschäden trotz vorliegenden Wälzkörperschlupfs auftritt. Dagegen sind Anschmierschäden bei einem Betrieb zwischen 20% bis 60% der Mindestlast nach wenigen Minuten aufgetreten. Bei den 10er und 18er Baugrößen konnten unter vordefinierten Betriebsbedingungen keine Anschmierschäden provoziert werden. Erst bei Innenringdrehzahlen weit oberhalb der Grenzdrehzahl wiesen vollrollige Lager der 18er Baugrößen Anschmier- und Neuhärtungschäden auf. Bei der 56er Baugröße konnte der Anschmierschaden keinem Lastfall zugeordnet werden. Diese Ergebnisse zeigen, dass die Lagerbaugröße eine entscheidende Rolle bei der Entstehung von Anschmierschäden hat. Der Einfluss der Innenringverkippung hat sich ebenfalls als äußerst kritisch bei den Prüflagern der 32er Baugröße herausgestellt, während dieser Einfluss bei kleineren Lagerbaugrößen nur Oberflächenverfärbungen aufgrund des hohen Energieeintrages hervorgerufen hat.
Abschließend wurden, basierend auf den Schädigungsversuchen, zwei Mindestlastgleichungen, jeweils eine für käfiggeführte und eine für vollrollige Zylinderrollenlager, erstellt. Der Anwendungsbereich der Gleichungen lässt sich auf die Zylinderrollenlager der 32er Baugröße beschränken.
Das IGF-Vorhaben IGF-Nr. 20032 N der Forschungsvereinigung Antriebstechnik e.V. (FVA) wurde über die AiF im Rahmen des Programms zur Förderung der Industriellen Gemeinschaftsforschung (IGF) vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie aufgrund eines Beschlusses des Deutschen Bundestages gefördert.