Mehrachsigkeit bei WNV WNV
FVA 579 IV | IGF-Nr. 20513 BR
Festigkeitsnachweis von Pressverbindungen unter getriebespezifischen Kombinierten Belastungen
Welle-Nabe-Verbindungen (WNV) sind zentrale Übertragungselemente in jedem Antriebsstrang. Die Auslegung der WNV erfolgt in der Regel auf Basis der in den Normenwerken enthaltenen Kerbwirkungszahlen für Biegung und/oder Torsion. Diese wurden jeweils für Einzellasten experimentell ermittelt. Antriebstechnische Komponenten, wie z. B. Getriebewellen und Rotorantriebe, sind während ihrer Betriebsdauer in der Regel einer kombinierten Torsions- und Biegebelastung ausgesetzt. Aus dieser Lastüberlagerung können nichtproportionale Spannungszustände resultieren, für die die heutigen Tragfähigkeitsnachweise grundsätzlich nicht anwendbar sind. In der Folge wird der Sicherheitsfaktor zu hoch angesetzt, was zu Problemen beim Downsizing führen kann.
Im Rahmen dieser Arbeit wurden die Untersuchungen auf dem Prüfstand für überlagerte Beanspruchungen in Form von Umlaufbiegung und dynamischer Torsion fortgesetzt. Neuer Untersuchungsgegenstand war die anwendungsspezifische Geometrie der Pressverbindung mit abgesetzter Welle und Freistich. Zusätzlich wurde der Mittelspannungseinfluss der Torsion für Pressverbände allgemein untersucht. Variiert wurden der Werkstoff und die Belastungsanteile sowie das Frequenzverhältnis.
Im Vergleich zu den nach der aktuellen DIN 743 (Nennspannungskonzept) berechneten Gestaltfestigkeiten wurden für alle untersuchten Probengeometrien niedrigere Beanspruchbarkeiten ermittelt. Weiterhin konnte beobachtet werden, dass die Anrissposition überwiegend im Kontaktbereich der Welle liegt. Bei reiner Umlaufbiegung befand sich der Rissursprung immer im Freistichradius. Aus diesem Grund wurde für die praktische Anwendung eine Modifikation der Berechnungsmodelle vorgenommen. Die rechnerische Berücksichtigung einer überlagerten dynamischen Belastung erfolgte in der Zusammenführung der Einzellasten im Sicherheitsnachweis der DIN 743, in dem der Mehrachsigkeitsexponent eingeführt wurde. Die dafür benötigten Faktoren/Exponenten stehen den Anwendern zunächst für die geprüften Belastungs-, Werkstoff- und Geometriekombinationen in tabellarischer Form zur Verfügung. Damit wird das Parameterfeld auch für spezifische Anwendungen erweitert und bildet zusammen mit den Erkenntnissen aus dem Vorläuferprojekt eine breitere Basis für die Auslegung von Pressverbindungen bei überlagerter Beanspruchung.
Für den lokalen Nachweis wurden übergeordnete Festigkeitshypothesen untersucht, die in der Lage sind, nichtproportionale Spannungszustände sehr genau zu bewerten. Basierend auf einer Festigkeitshypothese mit integralem Ansatz wurden anschließend kritische Abstände für die untersuchten Geometrien ermittelt. Mit dieser Kenntnis ist es nun möglich, in einem Festigkeitsnachweis eine Auswerteposition unterhalb der Wellenoberfläche zu wählen. Da es sich hierbei um einen bruchmechanischen Ansatz handelt, ist die Kenntnis der Sensitivität gegenüber verschiedenen Parametern (Material, Mittelspannung, Nichtproportionalität) noch nicht allgemeingültig formuliert. Diese Thematik wird daher Gegenstand weiterer Forschungsprojekte am IKAT sein.
Das IGF-Vorhaben IGF-Nr. 20513 BR der Forschungsvereinigung Antriebstechnik e.V. (FVA) wurde über die AiF im Rahmen des Programms zur Förderung der Industriellen Gemeinschaftsforschung (IGF) vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz aufgrund eines Beschlusses des Deutschen Bundestages gefördert.