Lebensdauerprüfung von Leistungskondensatoren mit aktiven Temperaturwechseln
PA Leistungselektronik | 918 I
Die Elektromobilität wird kommen. Ohne zumindest teilweise Elektrifizierung des Antriebsstranges im Fahrzeug gibt es keine Möglichkeit, die CO2-Ziele von 95 g/km für das Jahr 2021 zu erreichen. Eine Antriebsstrangelektrifizierung gelingt nicht ohne Leistungselektronik, Sie ist sogar der Treiber.
Die gegenwärtige Elektronik in der Leistungsklasse um 50 kW ist mit Herstellkosten um 400 € nach wie vor zu teuer und dem Endkunden – speziell im Kompakt- und Kleinwagenbereich – nicht vermittelbar. Neue Technologien sind notwendig mit einem starken Fokus auf Kosteneinsparung in allen Ebenen der Wertschöpfung für Silizium (Si) und Wide-Band-Gap (WGB), insbesondere Siliziumcarbid (SiC) Leistungselektronik. Bei der Einführung der breiten Elektromobilität ist das Marktpotential groß. Eine Nebenverwertung in anderen Brachen der Leistungselektronik (Bahn, Luftfahrt, elektrische Energieübertragung, PV-Anlagen, Server, autonomes Fahren, Robotik) ist gegeben. In diesen Anwendungsfeldern existieren ähnliche Anforderungen mit geänderten Schwerpunkten. Nach Berichten des VDA wird allein die deutsche Automobilindustrie bis zu 18 Mrd. Euro in den nächsten Jahren für notwendige Forschungsaktivitäten bereitstellen, um die Elektromobilität voranzutreiben und alle notwendigen Innovationen zum autonomen Fahren zu fördern. Dadurch steigt die Anzahl an Assistenzsystemen bei gleichbleibendem Bauraum. Als Konsequenz steigen die technischen Anforderungen, die Leistungsdichten und die Einsatztemperaturen der elektronischen Baugruppen wesentlich.
Eine weitere Möglichkeit zur Einsparung von CO2 ergibt sich durch die Nutzung erneuerbarer Energien zur Stromversorgung. Ein Problem vieler alternativer Energiequellen ist die witterungsabhängige Verfügbarkeit, die eine Zwischenspeicherung der Energie erforderlich macht. Für diese Energiespeichersysteme werden leistungselektronische Konverter benötigt, die über mehrere Jahre hinweg zuverlässig arbeiten müssen. Ein wesentliches Bauteil in diesen Konvertern sind Kondensatoren, insb. zur Kompensation von Bildleistung. Wegen der wechselnden Verfügbarkeit erneuerbarer Energien können in der Anwendung verstärkt zyklische Belastungen auftreten. In Deutschland stammten 2018 20% der erneuerbaren elektrischen Energie aus Photovoltaik (PV) [18]. Ein wichtiger Bestandteil einer PV-Anlage ist der Wechselrichter zur Einspeisung des Solarstroms in das Netz. Für diese Umrichter werden zuverlässige und langlebige Kondensatoren benötigt. Insbesondere die Systeme- und Komponentenhersteller sind in Deutschland mit Firmen wie Enercon, SMA, KOSTAL, KACO, Danfoss, Vincotech, Infineon oder Semikron stark vertreten, zu denen Kontakte bestehen.
Das Projekt zielt auf die Stärken des Standorts Deutschland mit seiner ausgeprägten Wertschöpfung für Leistungselektronik, insbesondere bei Zwischenkreiskondensatoren mit Polymerfolie oder hybriden Versionen. Besonders Folienkondensatoren sind mit ihrer gesamten Wertschöpfungskette, bestehend aus Folienmaterial, Folienherstellung, Metallisierung, Herstellung der Wickel, Aufbringen der Schoopschichten, Herstellen der elektrischen Kontakte und Anschlusstechnik, vertreten. Die gesamte Wertschöpfungskette zeichnet sich durch einen hohen KMU-Anteil aus. KMUs sind stark bei den Herstellern von Kondensatoren, Halbzeugen oder Anlagenherstellern vertreten.
Ziel des Projekts ist die Erforschung und Entwicklung eines Testsystems für Kondensatoren zur Ermittlung des aktiven Temperaturwechsels, festigt durch Eigenerwärmung. Der Teststand soll auf Leistungskondensatoren ausgelegt sein und sehr vielseitig hinsichtlich der Testparameter sein. Insbesondere sollen die Testparameter voneinander unabhängig (in Grenzen) einstellbar sein. Der Teststand soll die Streuung der Lebensdauer ermitteln können und daher konzeptionell eine Probenanzahl von deutlich größer eins bieten. In Folgeprojekten soll das Testsystem dann zur Erstellung von Lebensdauermodellen sowie zur Technologieweiterentwicklung eingesetzt werden.