Fettalterung in Wälzlagern
FVA 913 I | IGF-Nr. 21406 BR
Einfluss von Kinematik und Last auf die Fettalterung in Wälzlagern
Über 80 Prozent der Wälzlager sind fettgeschmiert und in vielen Fällen bestimmt die Fettgebrauchsdauer das Wartungsintervall bzw. die Lagergebrauchsdauer. Während für die Vorhersage der Ermüdungslebensdauer von Wälzlagern mit ISO 281 eine genormte und in der Praxis bewährte Methode bereitsteht, kann die Fettgebrauchs-dauer nur über empirische Katalogverfahren mit befriedigendem Aussagegehalt bestimmt werden. Praxisberichte legen offen, dass das tatsächliche Schmierstoff-versagen früher eintreten kann als prognostiziert. Das gilt insbesondere für den Einfluss der Last sowie der kinematischen Teilsysteme.
Zu diesem Zweck fanden im Rahmen des Forschungsvorhabens Bauteilversuche statt, bei denen die Fettalterung sowohl im Gesamtsystem Wälzlager als auch in den tribologischen Teilsystemen Wälzkörper Laufbahn- und Wälzkörper-Käfig-Kontakt untersucht wurde. Ziel der Untersuchungen war es, ein tieferes Verständnis von Ursache und Wirkung auf das Fett in Bezug auf die Last und die tribologischen Teilsysteme zu erlangen. Dabei konnten an insgesamt vier Prüfständen systemüber-greifende Zusammenhänge für bestimmte Aspekte der Fettalterung herausgearbeitet werden. Deutlich wurde, welche Betriebsbedingungen sowie welche Bauteil-komponenten bestimmte Alterungsaspekte begünstigten können. So konnte gezeigt werden, dass die Schmierstoffanwesenheit im Wälzkörper-Laufbahn-Kontakt eine prüfstandsübergreifende Begleiterscheinung darstellt. Im Gesamtlager gingen mit steigender Last sowie mit senkrechter Wellenlage zunehmende Probleme der Fettanwesenheit einher. Diese werden von einem schwankenden Reibmoment-verhalten begleitet, welches sich auch bei der Körperschallmessung bemerkbar macht. So konnte versuchstechnisch demonstriert werden, dass eine senkrechte Wellenlage zu einer erheblichen Verkürzung der Fettgebrauchsdauer führen kann.
Aus den Versuchen mit unterschiedlichen Käfigen ging hervor, dass bereits bei niedriger Drehzahl auch ohne die Bildung von Carbonsäure ein Abbau der Eindickerstruktur erfolgt (Eindicker-Degradation).
Die Versuche legen einen großen Einfluss der Wellenlage auf die Fettanwesenheit als auch die Fettgebrauchsdauer nahe. Allerdings lassen sich nicht alle beteiligten Einflussfaktoren versuchstechnisch isoliert untersuchen, weshalb zum Ende des Vorhabens nur eine qualitative Ableitung verschiedene Einflussfaktoren erfolgen kann:
- Wellenlage
- Fettanwesenheit
- Drehzahl
- Temperatur
- Last
- Käfigmaterial und Käfiggeometrie
- Dichtkonzept bzw. Deckelgeometrie
Zusätzlich wurden im Vorhaben zahlreiche Erkenntnisse zur Schmierstoffanalyse mit Blick auf die Fettalterung erarbeitet. Im Rahmen der Modell- und Wälzlagerversuche kam es nur bedingt zu schmierstoffbedingtem Versagen (Ausfälle). Deshalb war es im Vorhaben von zentraler Bedeutung den Grad der Fettalterung, der in den Versuchen erreicht wurde, zu bemessen. Das gilt sowohl für Ausfälle als auch bei nicht-Ausfällen. Zu diesem Zweck kam eine große Bandbreite von Analyseverfahren zum Einsatz. Dazu zählen die Infrarot-Spektroskopie, die Atom-Emissionsspektroskopie, die Filter-papier-Ring-Methode und die NMR-Spektroskopie (Nuclear Magnetic Resonance“). Da sich bei einigen Versuchen die Ölverarmung im Fett mit über 50 % als kritisch herausstellte, wurde für diesen Alterungsaspekt ein Schwerpunkt gesetzt. Dafür wurden für die vier letzten genannten Verfahren umfassende Qualifizierungsmaß-nahmen durchgeführt, um aus dem Ergebniswert des jeweiligen Analyseverfahrens auf den verbleibenden Ölanteil (Restölgehalt) schließen zu können. Auf diese Weise wurde für jedes Analyseverfahren ein mathematisch abgeleiteter Zusammenhang erarbeitet, wobei für vier Prüffette jeweils die fettspezifischen Gleichungskoeffizienten angegeben sind. Im Kontext dieser Qualifizierungsmaßnahmen zur Ölverarmung wurden mit den Untersuchungen mittels NMR-Spektroskopie im Bereich der Forschung neue Methoden entwickelt. Diese wurden in zwei Veröffentlichungen und einer Dissertation dokumentiert. Zusammenfassend liegen durch dieses Forschungs-vorhaben Anwendern eine Vielzahl von Verfahren und Auswertungsmethoden vor, die genutzt werden können, um gezielte Fragestellungen zu einzelnen Alterungsaspekten mit verschiedenen Analyseverfahren beantworten zu können.
Das IGF-Vorhaben IGF-Nr. 21406 BR der Forschungsvereinigung Antriebstechnik e.V. (FVA) wurde im Rahmen des Programms zur Förderung der Industriellen Gemeinschaftsforschung (IGF) vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz aufgrund eines Beschlusses des Deutschen Bundestages mit den Mitteln der IGF gefördert.