Einfluss von lokaler Plastizität, induziert durch Extremlasten, auf die Betriebsfestigkeit von GJS-Bauteilen

FVA 772 I, IGF-Nr. 19234-N

Aus der Anwendung von Gusseisen mit Kugelgraphit (GJS) in Windenergieanlagen ergibt sich ein charakteristisches Lastkollektiv aus mehrheitlich moderaten Beanspruchungen sowie vereinzelten Extremlasten. Aktuell liegen in der Auslegung nur sehr konservative Ansätze vor, um den Einfluss dieser Extremlasten zu berücksichtigen. Vor diesem Hintergrund wurden in diesem Vorhaben die beiden folgenden Ziele verfolgt:
A) Auslotung der Grenzen plastischer Verformung, induziert durch Extremlasten, im Hinblick auf eine anschließende HCF (high-cycle-fatigue)-Beanspruchung.
B) Entwicklung eines GJS-spezifischen Stützzahlkonzepts

Zur Untersuchung des Einflusses von Extremlasten auf die Langzeitfestigkeit von GJS wurden ungekerbte Schwingproben quasistatisch vorgedehnt und anschließend Schwingversuche unter Axialbeanspruchung durchgeführt. In Abbildung 1 sind die Ergebnisse für einen Vordehnungslastzyklus in Zugrichtung dargestellt. Die beiden Güten GJS-500-7 und GJS-700-2 zeigen eine deutliche, nahezu lineare Abnahme der Langzeitfestigkeit infolge der plastischen Vordehnungen. Bei GJS-400-18 LT wurde ein Anstieg der Langzeitfestigkeit beobachtet. Die Untersuchungen zum GJS-spezifischen Stützzahlkonzept basierten auf der FKM-Richtlinie. Es wurden alternative Ansätze zur Berechnung des Weibull-Exponenten kst (statistische Stützzahl) und der bruchmechanischen Stützzahl nbm untersucht. Wie in Abbildung 1 dargestellt liefert die Berechnung von kst in der Regel größere Werte als sie von der FKM angenommen werden. Dies deutet auf geringere Größen und Streubreiten der Defekte in den untersuchten Werkstoffen hin.

Mit den Untersuchungen zum bruchmechanischen Werkstoffverhalten konnte nachgewiesen werden, dass eine bruchmechanische Stützwirkung bei GJS für ausreichend hohe Spannungsgradienten besteht, da für die Probengeometrie V15 (V-Kerbe mit r=1,5) teilweise Werte für nbm > 1 erzielt wurden. Die berechneten bruchmechanischen Stützstellen sind ebenfalls in Abbildung 1 dargestellt. Aus den Ergebnissen dieses Forschungsvorhabens ergeben sich zwei Ansätze, über die bisher nicht genutztes Potential von GJS in der Auslegung freigelegt werden kann. Zum einen überschätzt die FKM die Größe der Defekte in GJS und zum anderen wird die bruchmechanische Stützwirkung von GJS bei hohen Spannungsgradienten nicht genutzt. Gleichzeitig stehen die Ergebnisse zum Einfluss der Vordehnungen im Gegensatz zu den erlaubten plastischen Dehnungen im statischen Nachweis der FKM.

Das IGF-Vorhaben IGF-Nr. 19234-N der Forschungsvereinigung Antriebstechnik e.V. (FVA) wurde über die AiF im Rahmen des Programms zur Förderung der Industriellen Gemeinschaftsforschung (IGF) vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie aufgrund eines Beschlusses des Deutschen Bundestages gefördert.

Abbildung 1: Links: Einfluss von Zugvordehnungen mit einem Lastzyklus auf die Langzeitfestigkeit von GJS bei R=0. Rechts: Ergebnisse der Berechnung des Weibull-Exponenten kst und der bruchmechanischen Stützzahl nbm für unterschiedliche GJS-Güten, Probengeometrien und Spannungsverhältnisse R im Vergleich zu den Annahmen der FKM-Richtlinie. Es wurden die folgenden Probengeometrien untersucht: UN = glatt, U5 = U-Kerbe mit r=5mm und V15 = V-Kerbe mit r=1,5mm.
AiF Mitgliedgefördert vom BMWiK aufgrund eines Beschlusses des Deutschen Bundestages
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